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Anselm Jappe


Ein diffiziler Begriff
Fetischismus bei Marx

 


Übersetzung des Artikels Un concept difficile. Le fétichisme chez Marx“, erschienen 2020 in: Jaggernaut, No. 2, S. 183-210

Ins Deutsche übertragen von Andreas Urban




Der „Warenfetischismus“ ist einer der am schwierigsten zu erfassenden Begriffe von Marx. Marx selbst nennt ihn ein „Mysterium“, und er nimmt innerhalb seiner Kritik der politischen Ökonomie nur einen sehr kleinen Raum ein. Die ersten Generationen von Marxisten maßen ihm fast keine Bedeutung bei. Ab den 1920er Jahren begannen Georg Lukács und Isaak Rubin, ihn wieder aufzugreifen, im Falle von Lukács über den Begriff der „Verdinglichung“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Begriff der „Entfremdung“ in der marxistischen Debatte zentral, und einige Autoren behaupteten eine Kontinuität zwischen diesem Begriff des jungen Marx und dem in seinen späten Werken erwähnten Fetischismus. Der Fetischismus wurde dann fast immer als „Mystifikation“ gedacht, als „Schleier“, der sich über die Realität der kapitalistischen Ausbeutung legt. Ab den 1970er Jahren entwickelte sich eine Interpretation, die den Fetischismus mit den Begriffen des Werts und der abstrakten Arbeit verknüpft. Sie betrachtet ihn als reale Verkehrung des gesellschaftlichen Lebens und nicht als bloßes Bewusstseinsphänomen und weist ihm damit eine zentrale Rolle für den „Gebrauch“ zu, den man von Marx heute machen kann. Allerdings kursieren derzeit auch außerhalb des marxistischen Feldes zahlreiche Übernahmen des Begriffs „Fetischismus“, die sich im Allgemeinen und oft eher assoziativ auf die mit Konsumgütern verbundene Vorstellungswelt beziehen: Es ist der Fetischismus als Anbetung von Waren. Ein anderer Ansatz versucht, die mögliche Kontinuität zwischen dem Warenfetischismus und älteren – religiösen – Formen des Fetischismus zu analysieren, läuft aber Gefahr, die Spezifität des modernen Fetischismus aus den Augen zu verlieren.


 

1. Marx über den Fetischismus


Marx hat den Begriff des Fetischismus bereits in seinen frühen Schriften verwendet. Im Artikel Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz (1842), in dem er einen Gesetzesvorschlag kritisiert, der den Armen verbieten wollte, in den Wäldern Holz zu sammeln und Hasen zu jagen, findet er sich mit folgenden Worten:


„Die Wilden von Kuba hielten das Gold für den Fetisch der Spanier. Sie feierten ihm ein Fest und sangen um ihn und warfen es dann ins Meer. Die Wilden von Kuba, wenn sie der Sitzung der rheinischen Landstände beigewohnt, würden sie nicht das Holz für den Fetisch der Rheinländer gehalten haben? Aber eine folgende Sitzung hätte sie belehrt, daß man mit dem Fetischismus den Tierdienst verbindet, und die Wilden von Kuba hätten die Hasen ins Meer geworfen, um die Menschen zu retten.“ (Marx 1976, S. 147, Herv. i. O.)


Diese Verwendung des Begriffs ist natürlich ironisch gemeint, aber sie zeigt, dass der ethnologische Begriff des Fetischismus und seine Anwendung auf das Leben der modernen Gesellschaft bei Marx von Anfang an präsent waren.


Das Wort „Fetischismus“, das aus dem Portugiesischen stammt und die Idee des „Hergestellten“, des „Artifiziellen“ enthält, taucht im 17. Jahrhundert auf. Die europäischen Kolonialherren bezeichneten damit das, was ihnen als Anbetung von hölzernen Idolen bei „Wilden“ in Afrika erschien. Das Werk Du culte des dieux fétiches (1760) von Charles de Brosse führte den Begriff „Fetischismus“ ein, um ein angeblich primitives Stadium zu bezeichnen, das in vielen Religionen vorkomme. Hegel nutzte den Begriff später, um die afrikanische Kultur zu charakterisieren.


25 Jahre später verwendete Marx den Begriff erneut und viel konsequenter am Ende des ersten Kapitels des Kapital (1867). Nach der strengen Architektur und den akribischen logischen Ableitungen der vorhergehenden Seiten, in denen er die Wertform auf sehr abstrakte Weise (und ohne Bezugnahme auf soziale Klassen oder andere menschliche Akteure) entwickelt, schließt er mit dem Unterkapitel „Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis“, das weniger als 15 Seiten lang ist. Sein Stil unterscheidet sich deutlich von den vorherigen Seiten: ironisch und witzig, mit Metaphern und historischen Bezügen, vermischt mit literarischen Anspielungen. Dieses kleine Unterkapitel, das der Hauptlinie der Marx‘schen Argumentation scheinbar fremd ist, könnte als einfache literarische Abschweifung durchgehen, als erholsames Zwischenspiel, als Unterhaltung, als stilistisches Kunststück, das man überspringen kann, ohne etwas Wichtiges zu verpassen. Außerdem handelt es sich, wie der Titel des Kapitels schon sagt, um ein „Geheimnis“, und der Inhalt selbst könnte wenig verständlich erscheinen. Auf den ersten vier Seiten dieses Unterkapitels verwendet Marx die Ausdrücke „Geheimnis“, „metaphysische Spitzfindigkeiten“, „theologische Mucken“, „geheimnisvoll“, „Grillen“, „mystischer Charakter“, „rätselhafter Charakter“, „Quiproquo“, „phantasmagorische Form“, „Nebelregion“, „Rätsel“, „Hieroglyphen“, „Mystizismus“.


Unerlässlich für das Verständnis der weiteren Argumentation und gleichzeitig in den Augen vieler bizarr, zog dieser Exkurs, wenig überraschend, lange Zeit nur wenig Aufmerksamkeit der Kapital-Leser auf sich, zumal der Begriff bis zum Ende des ersten Buches nicht mehr auftauchte.


Marx nennt darin die Ware „ein sinnlich übersinnliches Ding“, in dem die Verhältnisse der Menschen als Dinge und die Dinge als Wesen mit eigenem Willen erscheinen. Es ist besser, die signifikantesten Sätze zu zitieren als sie zusammenzufassen:


„Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen. Durch dies Quidproquo werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge. [...] Es ist nur das bestimmte gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst, welches hier für sie die phantasmagorische Form eines Verhältnisses von Dingen annimmt. Um daher eine Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt flüchten. [...] Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden, und der daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist.
Dieser Fetischcharakter der Warenwelt entspringt, wie die vorhergehende Analyse bereits gezeigt hat, aus dem eigentümlichen gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, welche Waren produziert. [...] Den [Produzenten] erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen.“ (Marx 1986a, S. 86f.)


Folglich ist es in der Warenproduktion der Produktionsprozess, der die Menschen „bemeistert“, und noch nicht umgekehrt (ebd., S. 95), und ihre „eigne gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren“ (ebd., S. 89). Der Fetischismus liegt bereits in der Tatsache, dass die gesellschaftliche Tätigkeit in der Ware, dem Wert und dem Geld einen „gegenständlichen Schein“ (ebd., S. 88) annimmt. Dass es sich dabei um einen Schein handelt, ist den Menschen jedoch nicht bewusst; sie produzieren ihn, ohne es zu wissen, mit ihren Tauschakten, in denen sich als regulierendes Element immer die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit wie ein Naturgesetz durchsetzt. Es ist die Geldform, die das wahre Verhältnis der Waren hinter einer scheinbaren Sache verschwinden lässt: Die Tatsache, dass ein Hemd zehn Euro „wert“ ist, ist nur ein „dinglicher“ Ausdruck des Verhältnisses zwischen abstrakten Zeitmengen, in dem die produktive Tätigkeit auf die bloße produktive „Verausgabung von menschlichem Hirn, Nerv, Muskel, Sinnesorgan usw.“ reduziert wird (ebd., S. 85). Mit anderen Worten, eine erste Bedeutung des Begriffs „Fetischismus“ lautet: Die Menschen setzen ihre privaten Arbeiten nicht direkt, sondern nur in einer versachlichten Form, unter einem gegenständlichen Schein in Beziehung zueinander, nämlich als gleiche menschliche Arbeit, ausgedrückt in einem Gebrauchswert. Sie wissen dies jedoch nicht und führen die Bewegungen ihrer Produkte auf deren natürliche Eigenschaften zurück.


Doch [a]ller Mystizismus der Warenwelt, all der Zauber und Spuk, welcher Arbeitsprodukte auf Grundlage der Warenproduktion umnebelt“ (ebd., S. 90), gehören nur zur Warengesellschaft. Marx zeigt, dass es in einer autarken Produktion (er führt das Beispiel Robinson an), im mittelalterlichen Feudalismus oder in einer „Assoziation freier Menschen“ keinen Fetischismus gibt und die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht „verkleidet [sind] in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte“ (ebd., S. 92). In einer „Gesellschaft von Warenproduzenten“ hingegen besteht „deren allgemein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darin […], sich zu ihren Produkten als Waren, also als Werten, zu verhalten und in dieser sachlichen Form ihre Privatarbeiten aufeinander zu beziehn als gleiche menschliche Arbeit“ (ebd., S. 93).


Im nächsten Kapitel „Der Austauschprozess“ fährt er mit der Beschreibung des Fetischismus fort und schließt mit den Worten:


„Das bloß atomistische Verhalten der Menschen in ihrem gesellschaftlichen Produktionsprozeß und daher die von ihrer Kontrolle und ihrem bewußten individuellen Tun unabhängige, sachliche Gestalt ihrer eignen Produktionsverhältnisse erscheinen zunächst darin, daß ihre Arbeitsprodukte allgemein die Warenform annehmen. Das Rätsel des Geldfetischs ist daher nur das sichtbar gewordne, die Augen blendende Rätsel des Warenfetischs.“ (ebd., S. 107f.)  


Dennoch sind es die ersten Zeilen des zweiten Kapitels, die vielleicht die beste Definition des Wesens des Fetischismus bieten, auch wenn das Wort dort nicht vorkommt: „Die Waren können nicht selbst zu Markte gehn und sich nicht selbst austauschen. Wir müssen uns also nach ihren Hütern umsehn, den Warenbesitzern.“ (ebd., S. 99) Es sind die Waren, die in der Warengesellschaft die eigentlichen Akteure – die „Subjekte“ – sind; der Mensch tritt nur in die Warengesellschaft ein als Diener ihrer Objekte, als notwendiges Übel für die Produktion und Zirkulation.


Der Begriff des Fetischismus kehrt nach 2500 Seiten, etwa am Ende des dritten Bandes des Kapital, im ersten Kapitel des siebten Abschnittes („Die Revenuen und ihre Quellen“) mit dem Titel „Die trinitarische Formel“ (noch ein Hinweis auf die Religion!) wieder. Es sei daran erinnert, dass die erste Fassung des dritten Bandes von Marx zur gleichen Zeit wie die anderen beiden Bände geschrieben wurde, dass dieser Band aber erst 27 Jahre nach dem ersten Band in der Form veröffentlicht wurde, die Friedrich Engels den verschiedenen Teilen des Manuskripts gegeben hatte, das Marx bei seinem Tod unvollendet zurückgelassen hatte. Engels hat eines der letzten Kapitel, das 48., aus drei Fragmenten zusammengesetzt – aber es ist nicht möglich, mit Sicherheit wissen, wo Marx selbst die Absicht hatte, sie zu platzieren.


Marx analysiert darin die Tatsache, dass die drei Hauptproduktionsfaktoren Kapital, Boden und Arbeit in den Augen der Wirtschaftsakteure als Faktoren erscheinen, die jeweils zur Schaffung von Reichtum beitragen, was den Anspruch der Kapitalisten und Grundbesitzer auf einen Teil des erzielten Mehrwerts als „gerechte“ Vergütung der von ihnen zur Verfügung gestellten Produktionsmittel rechtfertigen würde. Die „vulgäre“ politische Ökonomie versucht, dieser Aufteilung, die in der kapitalistischen Gesellschaft tatsächlich vorherrscht, eine theoretische Grundlage zu geben:


„Kapital – Profit (Unternehmergewinn plus Zins), Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, dies ist die trinitarische Form, die alle Geheimnisse des gesellschaftlichen Produktionsprozesses einbegreift. [...] Kapital, Boden, Arbeit! Aber das Kapital ist kein Ding, sondern ein bestimmtes, gesellschaftliches, einer bestimmten historischen Gesellschaftsformation angehöriges Produktionsverhältnis, das sich an einem Ding darstellt und diesem Ding einen spezifischen gesellschaftlichen Charakter gibt. Das Kapital ist nicht die Summe der materiellen und produzierten Produktionsmittel. Das Kapital, das sind die in Kapital verwandelten Produktionsmittel, die an sich so wenig Kapital sind, wie Gold oder Silber an sich Geld ist. Es sind die von einem bestimmten Teil der Gesellschaft monopolisierten Produktionsmittel, die der lebendigen Arbeitskraft gegenüber verselbständigten Produkte und Betätigungsbedingungen eben dieser Arbeitskraft, die durch diesen Gegensatz im Kapital personifiziert werden. Es sind nicht nur die, in selbständige Mächte verwandelten Produkte der Arbeiter, die Produkte als Beherrscher und Käufer ihrer Produzenten, sondern es sind auch die gesellschaftlichen Kräfte und die zukünftige […] Form dieser Arbeit, die als Eigenschaften ihres Produkts ihnen gegenübertreten. Also hier haben wir eine bestimmte, auf den ersten Blick sehr mystische, gesellschaftliche Form eines der Faktoren eines historisch fabrizierten gesellschaftlichen Produktionsprozesses.“ (Marx 1986b, S. 822f.)


Auf der materiellen Ebene sind diese drei Faktoren natürlich notwendig, um überhaupt eine Produktion zu haben. Aber der falsche Schein, der das Bewusstsein der Subjekte der kapitalistischen Gesellschaft beherrscht – in einem darauffolgenden Abschnitt spricht Marx von einer „Religion des Alltagslebens“ (ebd., S. 838) – identifiziert den materiellen und technischen Aspekt der produktiven Faktoren mit ihrer gesellschaftlichen Form und schreibt den unterschiedlichen materiellen Faktoren der Arbeit die Fähigkeit zu, Wert zu produzieren:


„Wir haben bereits bei den einfachsten Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise, und selbst der Warenproduktion, bei der Ware und dem Geld den mystifizierenden Charakter nachgewiesen, der die gesellschaftlichen Verhältnisse, denen die stofflichen Elemente des Reichtums bei der Produktion als Träger dienen, in Eigenschaften dieser Dinge selbst verwandelt (Ware) und noch ausgesprochener das Produktionsverhältnis selbst in ein Ding (Geld). Alle Gesellschaftsformen, soweit sie es zur Warenproduktion und Geldzirkulation bringen, nehmen an dieser Verkehrung teil. Aber in der kapitalistischen Produktionsweise und beim Kapital, welches ihre herrschende Kategorie, ihr bestimmendes Produktionsverhältnis bildet, entwickelt sich diese verzauberte und verkehrte Welt noch viel weiter.“ (ebd., S. 835)


Die fetischistische Verkehrung existiert also in jeder Warenproduktion, erreicht aber ihren Höhepunkt in der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft, und noch mehr, wie Marx in Kapitel 48 sagt, in der Form des Geldzinses, wo das Kapital mit der Fähigkeit ausgestattet zu sein scheint, „lebendige Junge“ zu werfen (Marx 1986a, S. 169), ohne den Umweg über die Ausbeutung der Arbeit zu gehen:


„Im Kapital – Profit, oder noch besser Kapital – Zins, Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, in dieser ökonomischen Trinität als dem Zusammenhang der Bestandteile des Werts und des Reichtums überhaupt mit seinen Quellen ist die Mystifikation der kapitalistischen Produktionsweise, die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse, das unmittelbare Zusammenwachsen der stofflichen Produktionsverhältnisse mit ihrer geschichtlich-sozialen Bestimmtheit vollendet: die verzauberte, verkehrte und auf den Kopf gestellte Welt, wo Monsieur le Capital und Madame la Terre als soziale Charaktere und zugleich unmittelbar als bloße Dinge ihren Spuk treiben. Es ist das große Verdienst der klassischen Ökonomie [hier bezieht sich Marx auf Smith und Ricardo, A. J.], diesen falschen Schein und Trug, diese Verselbständigung und Verknöcherung der verschiednen gesellschaftlichen Elemente des Reichtums gegeneinander, diese Personifizierung der Sachen und Versachlichung der Produktionsverhältnisse, diese Religion des Alltagslebens aufgelöst zu haben […].“ (Marx 1986b, S. 838)


Der Fetischismus der „trinitarischen Formel“ erscheint viel leichter fassbar als der Fetischismus, von dem Marx im ersten Band spricht, und fügt sich besser in eine Lesart von Marx ein, die den Klassenkampf und die Ausbeutung in den Mittelpunkt stellt. Diese Version sorgte unter traditionellen Marxisten für weit weniger Verwirrung und konnte im Kampf gegen bürgerliche Ideologien, die eine apologetische Lesart des Kapitalismus vermitteln, eingesetzt werden. Auf den ersten Blick scheint die Passage über die „trinitarische Formel“ die „klassische“ (und „klassistische“) marxistische Position zu rechtfertigen. Allerdings ist der Fetischismus, von dem in dieser Passage die Rede ist, nicht wirklich derselbe wie der im ersten Kapitel des Kapital analysierte Fetischismus. Es handelt sich um zwei verschiedene Analyseebenen, die sich nicht notwendigerweise widersprechen. Der im Kapital verfolgte Weg führt vom Wesen zur Erscheinung, von der kategorialen Kritik zur Analyse der empirischen Oberfläche, von den reinen Kategorien zu den konkreten Formen, die diese Kategorien zu jener Zeit annahmen. Der paradigmatische Fall ist der Weg des „Werts“ – einer nicht-empirischen Kategorie – über zahlreiche Zwischenstufen bis hin zu den „Marktpreisen“ – der einzigen Ebene, die für die Wirtschaftsakteure unmittelbar wahrnehmbar ist und die den fast ausschließlichen Gegenstand der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft bildet. In ähnlicher Weise entspricht die eine der beiden wesentlichen Marx‘schen Ausführungen zum Fetischismus dem Wesen und die andere der Erscheinung.


Sporadische Hinweise auf den Fetischismus finden sich in anderen Werken von Marx, vor allem in den Theorien über den Mehrwert:


„Da die lebendige Arbeit – durch den Austausch zwischen Kapital und Arbeiter – dem Kapital einverleibt ist, als ihm gehörige Tätigkeit erscheint, sobald der Arbeitsprozeß beginnt, stellen sich alle Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit als Produktivkräfte des Kapitals dar, ganz wie die allgemeine gesellschaftliche Form der Arbeit im Geld als Eigenschaft eines Dings erscheint. […] Es ist hier wieder die Verkehrung des Verhältnisses, als deren Ausdruck wir schon bei Betrachtung des Geldwesens den Fetischismus bezeichnet haben. Der Kapitalist selbst ist nur Gewalthaber als Personifizierung des Kapitals. […] Schon dies Verhältnis in seiner Einfachheit ist eine Verkehrung, Personifizierung der Sache und Versachlichung der Person; denn das unterscheidet diese Form von allen frühren, daß der Kapitalist nicht in irgendeiner persönlichen Eigenschaft den Arbeiter beherrscht, sondern daß dies nur, soweit er ‚Kapital‘ ist; seine Herrschaft ist nur die der vergegenständlichten Arbeit über die lebendige, des Produkts des Arbeiters über den Arbeiter selbst.“ (Marx 1965, S. 365f.)


Angesichts der großen Bandbreite an möglichen Interpretationen des Fetischismus-Begriffs bei Marx war es notwendig, zunächst Marx selbst zu Wort kommen zu lassen. Es geht nicht darum, diesen Begriff einfach zu „erklären“, wie man den Begriff des Mehrwerts erklären könnte, weil keine Erklärung unter den Marx-Interpreten einhellige Zustimmung finden würde. Die Geschichte des Begriffs Fetischismus ist also die Geschichte seiner Lesarten, und vielleicht hat kein anderer Begriff von Marx zu so vielen unterschiedlichen Interpretationen geführt wie dieser. 


 

2. Die späte Wiederentdeckung eines Begriffs


In den ersten Jahrzehnten der Verbreitung von Marx‘ Theorie, d.h. in den Jahren der von den Sozialdemokratien dominierten Zweiten Internationale, wurde der Begriff des Fetischismus praktisch nie erwähnt, ebenso wenig wie der Begriff der abstrakten Arbeit. Bis heute lässt sich für diejenigen, die man als traditionelle Marxisten bezeichnen kann – in deren Augen der Marxismus vor allem eine Theorie der sozialen Gerechtigkeit im Dienste der arbeitenden Klassen ist –, die Bedeutung des Begriffs Fetischismus in einem Wort zusammenfassen: „Mystifikation“. Sie sehen den Fetischismus als Epiphänomen und vor allem als eine Täuschung, einen Schleier, der mehr oder weniger bewusst über den wahren Ursprung des Mehrwerts in der unbezahlten Arbeit des Arbeiters geworfen wird. „Jacques Bidet zufolge beschränkt sich der Begriff des Warenfetischismus darauf, die ‚Diskrepanz zwischen der spontanen Vorstellung der Handelnden und den tatsächlichen Verhältnissen‘[1] zu bezeichnen“, schreibt Antoine Artous (2006, S. 46), der auch daran erinnert, dass das 1982 in Frankreich veröffentlichte Dictionnaire critique du marxisme diesem Thema nur sehr wenig Platz einräumt (ebd., S. 74). Für Étienne Balibar ist die Theorie des Fetischismus bei Marx die Fortsetzung seiner frühen Analysen über die „Ideologie“, die man mit einer Analyse der symbolischen Strukturen erfassen könne (vgl. Balibar 2013). Emmanuel Renaud bringt in Marx et l‘idée de critique die Interpretation des Fetischismus als Verschleierung der „wahren“ Verhältnisse paradigmatisch zum Ausdruck:


„Marx beschreibt diese Unterscheidung von Wesen und Erscheinung durch die Begriffe der Verkehrung und der Entfremdung. [...] Die reale Verkehrung[2] führt in der Tat zur Illusion, und diese Illusion erzeugt Effekte der Legitimation der kapitalistischen Gesellschaftsorganisation; so wird vor dem Bewusstsein die Tatsache verborgen, dass es ein gesellschaftliches Verhältnis ist, das für den Wert konstitutiv ist. [...] Die gesamte Analyse von Marx zielt im Gegenteil darauf ab, festzustellen, dass der Wert aus der Verausgabung von Arbeitskraft besteht, die gesellschaftlich durch Herrschaftsverhältnisse zwischen und innerhalb von Klassen geregelt wird, und dass die Verausgabung von Arbeitskraft in dieser Form von der Leitung und dem Zwang abhängt, die der Kapitalist während des Produktionsprozesses ausübt. Damit wird klar, welche ideologischen Auswirkungen der Fetischismus hat. Diese Illusion hat zwei Effekte: Sie entpolitisiert die wirtschaftliche Realität – die doch von Grund auf politisch ist –, indem sie ausblendet, was in ihr auf die antagonistischen Klassenverhältnisse verweist, und sie naturalisiert sie.“ (Renaud 1995, S. 96ff.)


In dieser Lesart ist der Fetischismus keineswegs ein reales Phänomen, sondern betrifft die Beziehung zwischen der Realität und ihrer Darstellung. Die Antwort auf den Fetischismus bestünde demnach in korrekten Informationen über die Ursprünge des Werts. Dies erinnert an die Autoren der Aufklärung, für die der Ursprung der Religion lediglich in einem von den Priestern organisierten Betrug lag.


Die erste ernsthafte Wiederaufnahme der Fetischismus-Thematik sowie der Begriffe von Wert und abstrakter Arbeit findet sich in Georg Lukács‘ Geschichte und Klassenbewusstsein (1923). Der Begriff „Fetischismus“ taucht dort gelegentlich auf, aber es ist der Begriff der „Verdinglichung“, der Dreh- und Angelpunkt des Buches, der die Thematik des Fetischismus in sich aufnimmt: die Verwandlung gesellschaftlicher Prozesse in Dinge. Lukács erinnert an die Tatsache, dass sowohl die Marx‘sche Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie als auch Das Kapital „mit der Analyse der Ware“ beginnen, und bestätigt: „Denn es gibt kein Problem dieser Entwicklungsstufe der Menschheit, das in letzter Analyse nicht auf diese Frage hinweisen würde, dessen Lösung nicht in der Lösung des Rätsels der Warenstruktur gesucht werden müßte.“ (Lukács 2013, S. 257, Herv. i. O.) Folglich will Lukács die „Grundprobleme“ analysieren, „die sich aus dem Fetischcharakter der Ware, als Gegenständlichkeitsform einerseits und aus dem ihr zugeordneten Subjektsverhalten andererseits ergeben. […] [D]as Problem des Warenfetischismus [ist] ein spezifisches Problem unserer Epoche, des modernen Kapitalismus […].“ (ebd., S. 258). Wenn er schreibt, dies seien Probleme, „deren Verständnis uns erst einen klaren Blick in die Ideologienprobleme des Kapitalismus und seines Unterganges ermöglicht“ (ebd.), verbindet er den Fetischismus mit der Ideologie, reduziert ihn aber nicht auf eine Ideologie. Lukács misst dem Fetischismus eine zentrale Bedeutung bei, die im Gegensatz zu den Ansichten fast aller anderen Marxisten der damaligen Zeit steht:


„Es ist oft – und mit einem gewissen Recht – hervorgehoben worden, daß das berühmte Kapitel der Hegelschen Logik über Sein, Nichtsein und Werden die ganze Philosophie Hegels enthält. Man könnte – vielleicht mit ebensoviel Recht – sagen, daß das Kapital über den Fetischcharakter der Ware den ganzen historischen Materialismus, die ganze Selbsterkenntnis des Proletariats als Erkenntnis der kapitalistischen Gesellschaft (und die der früheren Gesellschaften als Stufen zu ihr) in sich verbirgt.“ (ebd., S. 354)


Lukács erinnert daran, dass für Marx jede Ware fetischistisch ist:


„Der Spezialcharakter der Arbeit als Ware, ohne dieses Bewußtsein ein unerkanntes Triebrad der ökonomischen Entwicklung, objektiviert sich selbst durch dieses Bewußtsein. Indem aber die spezifische Gegenständlichkeit dieser Warenart, daß sie unter dinglicher Hülle eine Beziehung zwischen Menschen, unter der quantifizierenden Kruste ein qualitativer, lebendiger Kern ist, zum Vorschein kommt, kann der auf die Arbeitskraft als Ware fundierte Fetischcharakter einer jeden Ware enthüllt werden: in jeder tritt ihr Kern, die Beziehung zwischen Menschen als Faktor in die gesellschaftliche Entwicklung ein.“ (ebd., S. 353, Herv. i. O.)


Die Überwindung des Kapitalismus kann daher nicht in einer einfachen Aneignung der Warenwelt bestehen. Doch so wie in Lukács‘ Verständnis des Begriffs der „abstrakten Arbeit“ der Marx‘sche Begriff mit dem Weber‘schen Konzept der Rationalisierung und Mechanisierung von Arbeit aufgrund ihrer Parzellierung verschmilzt (und damit verschwimmt), so begreift Lukács den Fetischismus auf halbem Weg zwischen einer realen Verkehrung und einer verkehrten Sicht auf die Realität.


Fast zur gleichen Zeit erschienen in der Sowjetunion die Essays über Marx‘ Werttheorie von Isaak Rubin. Anders als Lukács‘ Buch war der Einfluss dieses Buches auf die Debatten zumindest im Westen gleich null; der Autor, ein friedlicher Akademiker, wurde nach 1930 als „Menschewik“ verfolgt und 1937 hingerichtet. Erst nach seiner Veröffentlichung auf Englisch im Jahr 1969 wurde die große Bedeutung dieses Buches erkannt.


Das erste Kapitel seines Buches trägt den Titel „Die Marxsche Theorie des Warenfetischismus“[3] und beginnt mit dem Satz: „Die marxsche Theorie des Warenfetischismus hat im ökonomischen System des Marxismus bislang nicht den Platz eingenommen, der ihr gebührt.“ (Rubin 2010, S. 221) Er legt großen Wert auf die Notwendigkeit, zwischen dem technischen und dem sozioökonomischen Aspekt der Produktion zu unterscheiden, und darauf, dass ihre Vermischung den typischen Fetischismus der bürgerlichen Wirtschaft und des Alltagslebens ausmacht:


„Die Fetischismustheorie ist die Grundlage des gesamten marxschen ökonomischen Systems und seiner Werttheorie im Besonderen. [...] Marx hat nicht nur gezeigt, dass sich hinter den Verhältnissen von Sachen die Produktionsverhältnisse von Menschen verbergen, sondern, dass umgekehrt in der Warenwirtschaft die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse der Menschen unumgänglich die sachliche Form annehmen und auch nicht anders erscheinen können als vermittels der Sachen.“ (ebd., S. 221f.)


Rubin verweist auf eine Sicht des Fetischismus als reale Organisation der Produktion:


„In der Warengesellschaft erhält die Sache besondere gesellschaftliche Eigenschaften (z.B. die Eigenschaft des Werts, des Geldes, des Kapitals usw.), durch die sie das Produktionsverhältnis der Menschen nicht nur verdeckt, sondern es auch organisiert, indem sie als das Vermittlungsglied zwischen den Menschen dient. Präziser: Sie verbirgt das Produktionsverhältnis von Menschen genau deshalb, weil es sich nur in der sachlichen Form verwirklicht. [...] Die Bewegung der Sachen – insofern sie besondere gesellschaftliche Eigenschaften des Werts, des Geldes usw. erhalten – drückt nicht nur das Produktionsverhältnis der Menschen aus, sondern erzeugt es auch.“ (ebd., S. 226f.)


Rubin betonte die Originalität der Marx‘schen Fetischtheorie und stellte fest, dass Marx zwar Vorgänger seiner Werttheorie zitiert, aber praktisch keinen Vorläufer seiner Fetischtheorie angibt. So sagt er deutlich:


„Das Fehlen einer unmittelbaren Regulierung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses führt notwendigerweise zu seiner indirekten Regulierung vermittels des Marktes, der Arbeitsprodukte, der Sachen. Deshalb ist die ‚Versachlichung‘ der Produktionsverhältnisse keine bloße ‚Mystifizierung‘, keine Illusion, sondern ein Charakteristikum der ökonomischen Struktur der modernen Gesellschaft. [...] Nicht aus der Gewohnheit, sondern aus dem inneren Bau der Warenwirtschaft entspringt die Versachlichung der Produktionsverhältnisse. Der Fetischismus ist keine Erscheinung bloß des gesellschaftlichen Bewusstseins, sondern zugleich eine des gesellschaftlichen Seins.“ (ebd., S. 269)


Rubin hatte ein Verständnis vom Wesen des Werts wie kein anderer zu seiner Zeit, und es ist besser, ihn ausführlich zu zitieren, als ihn zu paraphrasieren:


Es zeigt sich also ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Marx‘schen Werttheorie und ihren allgemeinen, methodologischen Grundlagen, wie sie in seiner Theorie des Warenfetischismus formuliert sind. Der Wert ist ein Produktionsverhältnis zwischen autonomen Warenproduzenten; er nimmt die Form einer Eigenschaft von Dingen an und steht im Zusammenhang mit der Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit. Oder, wenn man dasselbe Phänomen von der anderen Seite her betrachtet, der Wert ist die Eigenschaft, die das Arbeitsprodukt jedes Warenproduzenten besitzt und die es gegen die Arbeitsprodukte jedes anderen Warenproduzenten austauschbar macht, und zwar in einem bestimmten Verhältnis, das einem bestimmten Niveau der Arbeitsproduktivität in den verschiedenen Produktionszweigen entspricht. Es handelt sich um ein menschliches Verhältnis, das die Form einer Eigenschaft von Dingen annimmt und mit dem Prozess der Arbeitsteilung in der Produktion verbunden ist. Mit anderen Worten: Es handelt sich um verdinglichte Produktionsverhältnisse zwischen den Menschen. Die Verdinglichung der Arbeit im Wert ist die wichtigste Schlussfolgerung der Fetischtheorie; sie erklärt die Unvermeidlichkeit der ‚Verdinglichung‘ der Produktionsverhältnisse zwischen Menschen in einer Warenwirtschaft. Die Arbeitswerttheorie hat nicht die materielle Verdichtung der Arbeit (als einen Faktor der Produktion) in den Gegenständen aufgedeckt, die Produkte der Arbeit sind; dies geschieht in allen Wirtschaftsformationen, sie ist die technische Grundlage des Werts, nicht seine Ursache. Die Arbeitswerttheorie hat den Fetisch aufgedeckt, den verdinglichten Ausdruck der gesellschaftlichen Arbeit im Wert der Dinge. Die Arbeit wird im Wert ‚kristallisiert‘ oder geformt, in dem Sinne, dass sie die gesellschaftliche ‚Wertform‘ annimmt. Die Arbeit drückt sich aus und ‚stellt sich dar‘ im Wert. Der Ausdruck ‚sich darstellen‘ wird von Marx häufig verwendet, um die Beziehung zwischen abstrakter Arbeit und Wert zu charakterisieren. Man kann sich nur wundern, warum die Kritiker von Marx diesen untrennbaren Zusammenhang zwischen seiner Arbeitswerttheorie und seiner Theorie der Verdinglichung oder Fetischisierung der Produktionsverhältnisse zwischen den Menschen nicht bemerkt haben. Sie haben Marx‘ Werttheorie in einem mechanisch-naturalistischen und nicht in einem soziologischen Sinn verstanden.“ (Rubin 1990, S. 72, Herv. i.O.)


Rubin sagt auch: „Der Wert ist nicht das Produkt der Arbeit, sondern ein gegenständlicher, fetischisierter Ausdruck der menschlichen Arbeitstätigkeit.“ (Rubin 1973, S. 109f., Fn. 51).


Der sowjetische Jurist Eugen Paschukanis (der mit Rubin das gleiche Schicksal – er wurde während der stalinistischen „Säuberungen“ 1937 getötet – und die gleiche späte Wiederentdeckung teilte) veröffentlichte Allgemeine Rechtslehre und Marxismus, wo er unter anderem schrieb: „Die Herrschaftssphäre, die die Form des subjektiven Rechts angenommen hat, ist ein gesellschaftliches Phänomen, das dem Individuum auf derselben Grundlage zugeschrieben wird, auf der der Wert – ebenfalls ein gesellschaftliches Phänomen – dem Ding als Arbeitsprodukt. Der Warenfetischismus wird durch den Rechtsfetischismus ergänzt.“ (Paschukanis 2003, S. 117) Allerdings betrachtete er den Fetischismus, wie seine Zeitgenossen, hauptsächlich als eine Form von „Ideologie“. Seine Theorien über den „Rechtsfetischismus“ fanden in den marxistischen Debatten über das Wesen des Staates in den 1970er Jahren einige Beachtung.


Karl Korsch betonte in seinem Karl Marx (1938), die Seiten über den Fetischismus seien „entscheidend“ für „die Stellung von Marx zur Ökonomie“ (Korsch 1981, S. 96). Er fuhr fort:


„Indem [die Menschen] ihre bewußten Handlungen von diesen Vorstellungen abhängig machen, werden sie tatsächlich, wie der Wilde von seinem Fetisch, beherrscht von dem Machwerk ihrer Hände. Die Ware, und in einer noch auffälligeren Form die als allgemeines Austauschmittel dienende besondere Ware: das Geld, weiterhin alle daraus abgeleiteten Formen der kapitalistischen Warenproduktion: Kapital, Lohnarbeit usw. erscheinen als solche fetischistischen Formen der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse der gegenwärtigen Epoche.“ (ebd., S. 97)


In seinen Augen enthält die „Untersuchung über den ‚Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis‘ [...] nicht nur den Kern der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie, sondern damit zugleich den Kern der ganzen im Kapital enthaltenen Theorie und die ausdrücklichste und genaueste Formulierung des theoretischen und geschichtlichen Standpunkts der ganzen materialistischen Gesellschaftslehre“ (ebd. S. 101).


Korsch schränkt den Begriff des Fetischismus jedoch etwas ein, indem er ihn einfach der bürgerlichen politischen Ökonomie gegenüberstellt, die auf den fetischistischen Schein des Wirtschaftslebens hereinfällt und vor allem auf die Illusion, dass die Beziehung zwischen den Verkäufern und Käufern der Arbeitskraft einen „freien Vertrag“ darstellt. Korsch weist auch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: Der Fetischismus stellt die gesellschaftlichen Verhältnisse als „natürlich“ und „ewig“ dar, während sie in Wahrheit historisch-spezifisch für die der kapitalistischen Gesellschaft sind.


Der Begriff des Fetischismus taucht sporadisch in den Werken der Autoren der Kritischen Theorie, die gemeinhin als Frankfurter Schule bekannt ist, und insbesondere bei Theodor W. Adorno auf. Adorno kritisierte den Begriff der Entfremdung stets als „idealistisch“ und als Ausdruck einer Abneigung gegen das „Fremde“. Er konnte sich dann auf den Begriff des „Fetischismus“ als „objektivere“ Alternative beziehen – begriff ihn aber im Wesentlichen immer noch als eine Form des falschen Bewusstseins. Dieser Ansatz kommt in seinen Debatten mit Walter Benjamin in den 1930er Jahren (siehe unten) und in dem Essay Über den Fetischcharakter in der Musik und die Regression des Hörens (1938) zum Ausdruck, in dem die Verwandlung der musikalischen Erfahrung in eine Ware als „Fetischismus“ bezeichnet wird, was laut Adorno bedeutet, die Dinge um ihres Tauschwerts willen zu verehren. Dieser Begriff von Fetischismus, der teilweise von Thorstein Veblens Theorien über den „Geltungskonsum“[4] beeinflusst wurde, zielte vor allem auf die Projektion von Wünschen auf Waren bzw. deren Vereinnahmung durch diese ab. Gleichzeitig sollte er die Arbeit, die hinter der Ware steht, verbergen. So definierte Adorno diese „als ein Konsumgut, in dem nichts mehr daran gemahnen soll, wie es zustandekam. Es wird magisiert, indem die darin aufgespeicherte Arbeit im gleichen Augenblick als supranatural und heilig erscheint, da sie als Arbeit nicht mehr zu erkennen ist.“ (Adorno 1939, S. 17)


Der Begriff Fetischismus kann bei Adorno jedoch auch eine positive Konnotation erhalten: Indem er einen Gegenstand, insbesondere Luxusgüter oder Kunstwerke, singularisiert, stellt die Fetischisierung sie potenziell außerhalb der Sphäre des „Tausches“, der alles nivelliert und die eigene Identität jedes Gegenstandes verletzt. Die Fetischisierung verteidigt also die Qualität gegen die Quantität und bewahrt die Idee des Glücks selbst.[5] Dieser Gedanke kehrt in seiner Ästhetischen Theorie (1970) wieder. Adornos Verständnis von Kapitalismus war in der Tat auf den „Tausch“ und die „Abstraktion“ konzentriert, die der Tausch hervorbringt. Trotz seiner Bemühungen, sich die Kategorien der Marx‘schen Kritik der politischen Ökonomie anzueignen, vor allem in seinen späten Schriften, blieb Adorno im Wesentlichen auf die Sphäre der Wertzirkulation fixiert. Er betonte vor allem die Homologie zwischen der philosophischen Kategorie der „Identität“, die er für ihre Unterdrückung des „Anderen“ kritisierte, und dem „Tausch“ im Sinne des Tauschwerts, der ebenfalls jede Einzigartigkeit auslöscht. Es ist also vor allem die epistemologische Dimension des Fetischismus, die Adorno interessiert.


In den Jahren 1950 bis 1970 war das Thema „Entfremdung“ Gegenstand heftiger Debatten, in denen vor allem auf die Werke des „jungen Marx“ Bezug genommen wurde. Der Fetischismus konnte als eine Wiederaufnahme desselben Begriffs beim späten Marx interpretiert werden, die sich weniger auf das Bewusstsein und mehr auf „ökonomische“ Faktoren konzentrierte. Aber es war vor allem die Atmosphäre von 1968 und die Entwicklung eines nicht-orthodoxen Marxismus, die zu einer Wiederentdeckung des Fetischismus-Begriffs führten. Natürlich nicht für jeden. Louis Althusser empfahl in seinem Vorwort zu einer Ausgabe des Kapital von 1969, in einer ersten Lektüre das gesamte erste Kapitel als schädlichen Rest der Hegelschen Metaphysik zu überspringen, und erklärte, dass die Thematik des Fetischismus nur Verwirrung stifte.


Die Wiederentdeckung war teilweise der Pionierarbeit des im amerikanischen Exil lebenden Galiziers Roman Rosdolsky geschuldet. Seine bedeutende Studie über die Entstehungsgeschichte des Marxschen „Kapital“, ein ausführlicher und tiefgründiger Kommentar zu den Grundrissen, erschienen nach seinem Tod 1967, hatte die Reflexion über den Fetischismus weit vorangebracht.[6] Die Wiederentdeckung des Fetischismus ging Hand in Hand mit der Wiederentdeckung der Bedeutung der hegelianischen Wurzeln des Marx‘schen Werkes, und zwar nicht nur in Bezug auf seine frühen Werke. Rosdolsky stellte gleich zu Beginn seines Werkes fest:


„Je weiter der Autor in seinem Thema vorankam, desto klarer wurde ihm, dass er das wichtigste und theoretisch interessanteste Problem, das der Rohentwurf bietet, nur streifen würde, ohne es tiefer behandeln zu können. Und dieses Problem ist die Beziehung von Marx‘ Werk zu Hegel und insbesondere zu dessen Logik. Es gibt gewiss kein Problem der ökonomischen Theorie von Marx, das so bastardisch behandelt worden ist wie das seiner Methode im Allgemeinen und seines Verhältnisses zu Hegel im Besonderen.“ (Rosdolsky 1976, S. 18)


Er analysierte insbesondere die Rolle des Geldes: „So sind der Warenfetischismus und die Geldentstehung (worauf die Lehrbücher der marxistischen Ökonomie in der Regel nicht hinweisen) nur zwei verschiedene Aspekte ein und derselben Realität: In der Warenproduktion existiert ‚die Tauschfähigkeit der Ware‘ ‚neben ihr, als Gegenstand [...], als etwas von ihr Verschiedenes‘, ‚nicht unmittelbar mit ihr identisch‘; der Wert muss sich daher gegenüber den Waren verselbständigen.“ (ebd., S. 180) Er erinnerte auch daran, dass „dies jedoch nicht bedeutet, dass die berühmte marxistische Theorie des ‚Warenfetischismus‘ erst Mitte der sechziger Jahre [1860] entstanden ist. Sie findet sich in Wirklichkeit bereits in seinen früheren ökonomischen Arbeiten“ (ebd., S. 177), wie in Marx‘ Notizen zu Mill aus dem Jahr 1844.


Zur gleichen Zeit und ebenfalls in den USA übersetzte und veröffentlichte Fredy Perlman die erste westliche Ausgabe von Rubins Essays und fügte ein wichtiges Vorwort hinzu. Darin schrieb er: „In seinen frühen Werken vereinte Marx seine Ideen um den Begriff der ‚Entfremdung‘. Später, als Marx seine Ideen ‚verdinglichter‘ oder ‚geronnener‘ Arbeit verfeinerte, bildete die Theorie des Warenfetischismus einen Brennpunkt, einen einigenden Rahmen für seine Analyse.“ (Perlman 2002/1968, S. 6) Über den Begriff der Verdinglichung zeigt Perlman die Kontinuität zwischen dem Entfremdungsbegriff des jungen Marx (der zu Rubins Zeit noch nicht bekannt war) und dem Fetischismus. Unter Bezugnahme auf die Debatten seiner Zeit schreibt Perlman:


„Folglich sind die Verdinglichung von gesellschaftlichen Beziehungen und der Warenfetischismus keine ‚Ketten der Illusion‘, welche innerhalb des Kontextes der kapitalistischen Gesellschaft ‚gebrochen‘ werden können, denn sie entstammen nicht ‚stereotypen Alternativen des Denkens‘, wie Erich Fromm meint. Die kapitalistische Form der gesellschaftlichen Produktion führt notwendigerweise zur Verdinglichung der gesellschaftlichen Beziehungen; Verdinglichung ist nicht nur eine ‚Konsequenz‘ des Kapitalismus, sondern ein untrennbarer Aspekt der kapitalistischen Gesellschaft.“ (ebd., S. 14)


Die Begriffe „Entfremdung“, „Fremdbestimmung“, „Verdinglichung“ und „Fetischismus“ tendierten dazu, sich zu überlagern. Autoren, bei denen das Wort „Fetischismus“ fast nicht vorkommt, wie Guy Debord, können sehr wohl tatsächlich davon sprechen, wenn sie von „Entfremdung“ sprechen. Debord nennt den Fetischismus nur in § 36 von Die Gesellschaft des Spektakels (1967) direkt: „Das Prinzip des Warenfetischismus ist es, d.h. die Beherrschung der Gesellschaft durch ‚sinnliche übersinnliche Dinge‘, das sich absolut im Spektakel vollendet, wo die sinnliche Welt durch eine über ihr schwebende Auswahl von Bildern ersetzt wird, welche sich zugleich als das Sinnliche schlechthin hat anerkennen lassen.“ Wenn er in § 67 desselben Buches schreibt: „Wie bei dem krampfhaften Taumeln oder den Wunderheilungen der Schwärmer des alten religiösen Fetischismus, gelangt auch der Warenfetischismus zu Momenten schwärmerischer Erregung“, so bezieht er sich ebenfalls auf den Fetischismus als Projektion von Wünschen auf Objekte und als deren Anbetung.


In Deutschland waren es vor allem die Schüler von Adorno, die den Begriff vertieften. Für Hans-Jürgen Krahl setzt die Fetischismuskritik die kantische Vernunftkritik fort: Wie diese darauf abzielte, die Autonomie des transzendentalen Subjekts wiederherzustellen, indem sie zeigte, dass das, was das Subjekt den Dingen zuschreibt, in Wahrheit zu ihm selbst gehört, so weise die Fetischismuskritik auf die Tatsache hin, dass die verselbstständigten Produktionsverhältnisse als natürliche Eigenschaften der Produkte erscheinen (vgl. Krahl 1971, S. 49). Hans-Georg Backhaus betont, dass seine 1969 begonnenen und in der „Neuen Marx-Lektüre“ angesiedelten Arbeiten immer die Kategorie des Fetischismus als zentrales Element hatten. Ein in die gleiche Kerbe schlagender Autor, Michael Heinrich, behauptet, dass man den Fetischismus nicht nur als ein gnoseologisches, sondern auch als ein „ontologisches“ Phänomen (Heinrich 1991, S. 241) betrachten und ihn nicht mit einer Entfremdung vom menschlichen Wesen verwechseln dürfe (ebd., S. 247). Der Fetischismus stellt in seinen Augen vor allem eine Form der „Verblendung“ dar, die alle Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft jenseits ihrer Klassenzugehörigkeit trifft.


In Italien war es Lucio Colletti, der ab dem Ende der 1960er Jahre die Begriffe Wert, abstrakte Arbeit und Fetischismus in ihrer wechselseitigen Verbindung aufgriff. Während er die hegelianische Seite von Marx verurteilte und ab 1974 Marx selbst ablehnte, war Colletti einer der ersten, der sah, dass für Marx der Fetischismus eine reale Verkehrung darstellt – auch wenn dies für Colletti ein weiterer Grund war, Marx im Namen des logischen Empirismus und des Kantianismus zu verurteilen. Seiner Meinung nach stellen die Prozesse der Hypostasierung, der Substantifikation des Abstrakten, der Verkehrung von Subjekt und Prädikat in den Augen von Marx nicht nur fehlerhafte Anwendungen der Hegelschen Logik dar, sondern finden sich in der Struktur der kapitalistischen Gesellschaft selbst wieder. Der wissenschaftliche Marx analysiert laut Colletti die „Naturgesetze“ der Wirtschaft, während der Marx, der die politische Ökonomie kritisiert, die verkehrte, fetischistische Welt untersucht. Die Theorie des Fetischismus und die Theorie des dialektischen Widerspruchs als eines realen Phänomens seien also nur zwei Arten, dieselbe Feststellung zu formulieren. Für Marx wird nicht nur die Darstellung der Realität auf den Kopf gestellt, sondern die Realität selbst, behauptet Colletti in Marxismus und Dialektik (1975). Bereits 1969 schrieb er in seinem Aufsatz Bernstein und der Marxismus der Zweiten Internationale, „daß die Werttheorie von Marx seine eigene Theorie des Fetischismus ist und daß sie sich aus diesem Grunde (in dem man aber auch intuitiv das Gewicht und die Bedeutung des Verhältnisses zu Hegel spürt) prinzipiell von der ganzen klassischen politischen Ökonomie unterscheidet“ (Colletti 1971, S. 41f.).


Erst als die Krise der Arbeitsgesellschaft sichtbar wurde und sich ab den 1970er Jahren dauerhaft verfestigte, entstand eine Marx-Lektüre, die sich auf das Konzept der abstrakten Arbeit und seine Verbindung zum Warenfetischismus konzentrierte. Vor allem der nordamerikanische Autor Moishe Postone in seinem 1993 erschienenen Werk Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft sowie die deutschen Zeitschriften Krisis und Exit! und ihr Hauptautor Robert Kurz haben seit Ende der 1980er Jahre einen als „Wertkritik“ bekannten Ansatz ausgearbeitet. Wenn man von einigen Unterschieden zwischen diesen Autoren absieht, könnte man ihren Ansatz wie folgt zusammenfassen: Fetischismus bedeutet, dass Dinge anstelle von Menschen die Gesellschaft beherrschen, weil diese Dinge die sozialen Beziehungen der Menschen enthalten. Es handelt sich um eine reale Verkehrung, eine Verkehrung von Abstraktem und Konkretem, bei der auf gesellschaftlich unbewusste Weise die konkrete Arbeit und der Gebrauchswert nur als „Träger“ dieser zugrunde liegenden und unsichtbaren Substanz dienen, die der Wert ist, der von der abstrakten Seite der Arbeit produziert wird. In einer fetischistischen Gesellschaft sind die eigentlichen Subjekte nicht die Menschen, sondern der Wert und seine tautologische Akkumulation. Der Fetischismus ist also kein Epiphänomen, sondern bildet den Kern der Marx‘schen Auffassung vom Kapitalismus als einer Gesellschaft, die nicht nur ungerecht, sondern in ihren grundlegenden Kategorien auch destruktiv und selbstzerstörerisch ist. Es ist nicht möglich, den Fetischismus zu überwinden, ohne die abstrakte Arbeit und den Wert abzuschaffen.


Die drei „Verkehrungen“, die Marx in seiner Analyse der Wertform beschreibt, sind Verkehrungen von Konkretem und Abstraktem. Der Gebrauchswert wird zur Erscheinungsform seines Gegenteils: des Tauschwerts. Die konkrete Arbeit wird zur Erscheinungsform ihres Gegenteils: der abstrakten Arbeit. Individuelle Arbeit wird zu ihrem Gegenteil: unmittelbar gesellschaftliche Arbeit. Das, was zuerst sein sollte, das Konkrete, wird zur Ableitung dessen, was die Ableitung des Konkreten sein sollte: das Abstrakte. In philosophischen Begriffen ausgedrückt, könnte man von einer Verkehrung von Substanz und Akzidens sprechen.


Marx‘ Beschreibung der Entfremdung in den Manuskripten von 1844 erscheint daher nicht als ein grundlegend anderer Ansatz für die zukünftige Begriffsbestimmung des Fetischismus, sondern als eine erste Annäherung, ein noch unzureichender Ansatz, der implizit bereits das Wesentliche aussagt: die Enteignung des Menschen durch die abstrakte Arbeit, die zum Prinzip der gesellschaftlichen Synthesis geworden ist. Postone zufolge begriff der junge Marx die Entfremdung als Entfremdung eines vorausgesetzten Subjekts, das unabhängig von seiner kapitalistischen Konstitution existiere. Es werde durch die Arbeit – als zeitlose Kategorie – konstituiert und müsse sich seine Vergegenständlichungen, über die es die Kontrolle verloren habe, wieder aneignen. Der reife Marx sei hingegen zu dem Schluss gekommen, dass sich im Kapitalismus Subjekt und Objekt von Anfang an in entfremdeten Formen entwickelt haben. Es gebe kein ursprüngliches „Wesen“, das es zurückzuerobern oder durchzusetzen gelte, und vor allem gebe es kein Wesen, das transhistorisch durch Arbeit konstituiert werde. Der eigentliche „Bruch“ in der Entwicklung der Ideen von Marx liegt, ebenfalls laut Postone, eher darin, dass er in der abstrakten Arbeit selbst eine Entfremdung erkennt, und nicht nur in der Ausbeutung der lebendigen Arbeit.


Den Fetischismus als reale Kategorie zu begreifen, impliziert, dass die Agenten der kapitalistischen Produktion eher von der Logik des Werts getrieben werden, als dass sie deren Akteure sind. Das wahre Subjekt in der kapitalistischen Produktion sind weder die herrschenden Klassen noch das Proletariat, sondern der Wert selbst, der die menschlichen Akteure darauf reduziert, seine Vollstrecker zu sein. Marx drückt diese Tatsache in der überraschenden und paradoxen Formel aus, dass der Wert ein „automatisches Subjekt“ (Marx 1986a, S. 169) sei, oder, wie er schon in den Grundrissen sagte: „Der Wert tritt als Subjekt auf.“ (Marx 2015, S. 231) Marx schreibt auch, dass [d]iese sachlichen Abhängigkeitsverhältnisse im Gegensatz zu den persönlichen […] auch so [erscheinen] (das sachliche Abhängigkeitsverhältnis ist nichts als die den scheinbar unabhängigen Individuen selbständig gegenübertretenden gesellschaftlichen Beziehungen, d.h. ihre ihnen selbst gegenüber verselbständigten wechselseitigen Produktionsbeziehungen), daß die Individuen nun von Abstraktionen beherrscht werden, während sie früher voneinander abhingen. Die Abstraktion oder Idee ist aber nichts als der theoretische Ausdruck jener materiellen Verhältnisse, die Herr über sie sind.“ (ebd., S. 97, Herv. i. O.)


Der Wertkritik zufolge ist der Warenfetischismus kein sekundärer Aspekt der kapitalistischen Gesellschaft oder ein „Überbau“, der allein der geistigen oder symbolischen Sphäre angehört, sondern liegt in ihrer „Keimzelle“ und durchdringt alle ihre Aspekte. Diese Lesart scheint der seit anderthalb Jahrhunderten unter Marxisten vorherrschenden Ansicht, dass die Grundlage von Marx‘ Theorie der Klassenkampf ist, diametral entgegengesetzt zu sein. Dennoch schließen sich diese beiden Ansätze nicht gegenseitig aus. Die Spaltung der Gesellschaft in Gruppen, die über einen sehr unterschiedlichen Zugang zu Ressourcen verfügen, ist eine Selbstverständlichkeit. Die Tatsache, dass das Fabrikproletariat nicht mehr die gleiche zentrale Rolle spielt wie vor einem Jahrhundert, ist kein Beweis für die Ungültigkeit der Klassentheorie, weil sich andere gesellschaftliche Gruppen in einer „subalternen“ Position befinden können. Entscheidend ist vielmehr, dass die Klassenspaltung nicht das letzte Substrat der kapitalistischen Gesellschaft darstellt. Diese Klassen existieren vielmehr als Ausführende der Bewegungen des „automatischen Subjekts“. Tatsächlich nennt Marx die Kapitalisten die „Offiziere“ des Kapitals und beschreibt sie als „Personifikation ökonomischer Kategorien“ und „Charaktermasken“. Die herrschenden Klassen haben tatsächlich einen gewissen Handlungsspielraum und damit auch eine gewisse moralische Verantwortung. Doch im Wesentlichen sind nicht sie es, die die Logik des Werts geschaffen haben oder ihn beherrschen: Sie verdanken ihre Macht ihrer Fähigkeit, der Logik des Werts zu folgen. Postone charakterisierte den modernen Kapitalismus als eine „mit einer inneren, richtungsgebundenen Dynamik versehene Gesellschaft […], die ihre Struktur einer geschichtlich einmaligen Form der gesellschaftlichen Vermittlung verdankt. Diese Vermittlung, obwohl gesellschaftlich konstituiert, ist von abstrakter, unpersönlicher und quasi-objektiver Natur.“ (Postone 2018, S. 24) Kurz hingegen sprach von einer „subjektlosen Herrschaft“ (Kurz 2004).


In einer Gesellschaft, in der die abstrakte Arbeit – die abstrakte Seite der Arbeit – und der von ihr produzierte Wert das soziale Band zwischen den Menschen bilden und über ihren Platz in der Gesellschaft entscheiden, begegnen sich die Individuen nur als getrennte Produzenten, die ihre Produkte auf ein gemeinsames Maß reduzieren müssen – ein Maß, das ihnen jede intrinsische Qualität nimmt –, um sie austauschen und eine Gesellschaft bilden zu können. Die abstrakte menschliche Arbeit, die „allgemein menschliche“ Arbeit (d.h. die nicht-spezifische, nicht-gesellschaftliche Arbeit, sondern die reine Verausgabung von Energie ohne Rücksicht auf Inhalte und Folgen) gewinnt die Oberhand über den Gebrauchswert, die konkrete Arbeit und die Privatarbeit. Das bedeutet auch, dass die Gesellschaftsmitglieder jegliche Kontrolle über die Bestimmung ihrer Produkte verlieren: Es kommt nicht auf ihre Schönheit oder Nützlichkeit an, nicht auf die Bedingungen ihrer Herstellung, nicht auf ihre ökologischen Folgen, sondern allein auf ihre Fähigkeit, in ihrem „Warenkörper“, in ihrem Gebrauchswert, eine bestimmte Menge an Wert und Mehrwert zu produzieren. Deshalb bezeichnet Marx die Waren als „sinnlich-übersinnlich“: Hinter ihrer sinnlichen Erscheinung verbirgt sich etwas „Übersinnliches“, die Tatsache, dass sie nur „Träger“ eines schwer fassbaren und unverständlichen Wesens sind, des von der abstrakten Seite der Arbeit geschaffenen Werts. Es gibt kein „Gleichgewicht“ zwischen der abstrakten und der konkreten Seite der Ware; die abstrakte Seite überwiegt notwendigerweise.


Eines der charakteristischen Merkmale der fetischistischen kapitalistischen Gesellschaft ist ihre „begriffliche“ Natur: Die Abstraktion, die im Geld verkörpert ist, leitet sich nicht vom Konkreten ab, sondern beherrscht es. Die Form macht sich vom Inhalt unabhängig und versucht, ihn vollständig loszuwerden. Wenn, um ein Beispiel zu nennen, Lebensmittel ins Meer geworfen werden, um die Preise hoch zu halten, obwohl Menschen hungern, dient die konkrete Seite dieser Ware, ihr Gebrauchswert, ihre „Realität“, nur dazu, den phantasmagorischen Wert zu „verkörpern“, den sie angeblich aufgrund des bloßen Aufwands an menschlicher Energie, der in der Vergangenheit für die Produktion dieser Ware erforderlich war, besitzt. Es handelt sich also um eine sehr reale Verkehrung.


Die Menschen stehen dieser von ihnen selbst produzierten Logik hilflos gegenüber und versuchen, die Götter der Wirtschaft, die ihre eigenen Schöpfungen sind, zu besänftigen: genau wie in der Religion. Der Fetischismus ist sogar noch schlimmer als die Religion: Himmel und Erde sind in ihm nicht getrennt, weil jede Ware ihren Teil an Metaphysik enthält, insofern sie einer unsichtbaren und abstrakten Logik gehorcht, die weit von den Bedürfnissen der Menschen entfernt ist und von niemandem beschlossen wurde. Der Warenfetischismus ist „mysteriös“ und erscheint „metaphysisch“, weil er jenseits der traditionellen ontologischen Unterscheidung zwischen Sein und Denken existiert. Das gesellschaftliche Leben wird von „Dingen“ beherrscht, aber in dem Maße, in dem sich dieses gesellschaftliche Leben auf unbewusste Weise in diesen besonderen „Dingen“, den Waren, objektiviert hat. Die Selbstbewegung der (wirtschaftlichen) Dinge ist also tatsächlich nur ein Schein. „Hinter“ der Ware als fetischisierte Form der Objektivität steht auf der materiellen Ebene tatsächlich der Mensch – allerdings nicht der Mensch als bewusstes Subjekt, der Mensch, der seine eigene Gesellschaftlichkeit kontrollieren würde, sondern der fetischistische Mensch. Der Schöpfer des Fetischismus ist ein Mensch, der nur in Bezug auf die Natur Subjekt ist, nicht aber in Bezug auf seine eigene Gesellschaftlichkeit. Der Fetischismus ist das unbeabsichtigte Ergebnis der besonderen bewussten (tatsächlich existierenden) Handlungen der Subjekte.


Der Wert kann auch als eine Form „a priori“ beschrieben werden. Er ist ein Schema (im Sinne Kants), dessen sich die Subjekte nicht bewusst sind, weil es sich als „natürlich“ und nicht als historisch bestimmt darstellt. Mit anderen Worten: Alles, was die Subjekte des Werts denken, sich vorstellen, wollen oder tun können, drückt sich bereits in den Kategorien der Ware, des Geldes, des Werts oder der Arbeit aus. Aus dieser Perspektive wäre der Kapitalismus die Fortsetzung einer Reihe anderer unbewusster Gesellschaftsformen, die abwechselnd auf Totemismus, Verwandtschaft, Land oder auf Religion basieren. Die Geschichte wäre also eher eine „Geschichte von Fetischverhältnissen“ (vgl. Kurz 2012, insbesondere S. 68-85) als eine Geschichte der Klassenkämpfe, und die Marx‘sche Idee vom „Ausgang aus der menschlichen Vorgeschichte“ wurde von der frühen Wertkritik dahingehend interpretiert, dass eine Gesellschaft aufgebaut werden sollte, die sich zum ersten Mal in der Geschichte wirklich dessen bewusst ist, was sie tut. Diese Sichtweise ist, wie man sich denken kann, weit entfernt vom „historischen Materialismus“ und seinem Schema von wirtschaftlicher Basis und Überbau.



3. Die manchmal problematischen Erweiterungen eines Begriffs


Marx war nicht der einzige, der den Begriff „Fetischismus“ in einem theoretischen Rahmen verwendete. Vor allem zwei Autoren griffen diesen Begriff in den Jahrzehnten nach Marx‘ Tod auf, aber sicherlich ohne Bezug auf ihn. Emile Durkheim analysierte, insbesondere in Les formes élémentaires de la vie religieuse (1912, dt. Die elementaren Formen des religiösen Lebens), Fetischismus und Totemismus als Formen der Beziehung zum Heiligen, die in allen Religionen vorhanden sei und auf der Projektion des „Kollektivbewusstseins“ beruhe. Sigmund Freud brachte in einer seiner letzten Schriften, dem kurzen Essay Fetischismus (1927), den sexuellen Fetischismus – die Übertragung des Begehrens auf ein Ersatzobjekt – mit der Verleugnung der Kastration in Verbindung. Obwohl diese beiden Verwendungen des Begriffs Fetischismus nicht direkt mit dem Marx‘schen Begriff in Verbindung stehen, war es unvermeidlich, dass die Ausweitung seines semantischen Feldes in den letzten Jahrzehnten eine Art Vermengung der verschiedenen Bedeutungen des Begriffs in einer sehr breiten, oft assoziativen Verwendung hervorbrachte: Man kann alles „fetischisieren“.


Eine Art Vorgriff auf diese Begriffserweiterung findet sich bereits in den Arbeiten von Walter Benjamin aus den 1930er Jahren. Diese sollten erst ab den 1970ern weitere Verbreitung finden und so zur Entstehung der „postmodernen“ Theorien und ihrer Bezüge zum Fetischismus beitragen. Vor allem bei der Beschreibung der Veränderungen im Frankreich des 19. Jahrhunderts griff Benjamin – oft in ausführlichen Briefwechseln mit Adorno – den Begriff des Warenfetischismus auf, interpretierte ihn aber stark in Richtung einer visuellen „Phantasmagorie“. Er spricht dann von Projektion, Mythos, Tagträumen, Illusion, Anbetung, Chimäre und Götzendienst – allesamt Antworten auf die von Max Weber beschriebene „Entzauberung der Welt“. Die Konstruktion einer imaginären und verführerischen Welt durch die Bourgeoisie sollte die durch den Kapitalismus verursachte „Verarmung der Erfahrung“ verdecken. Benjamins an sich sehr interessante Lesart hatte jedoch wenig Grund, sich auf das Marx‘sche Konzept des Fetischismus zu berufen, und sollte auf lange Sicht sogar eine gewisse begriffliche und semantische Verwirrung fördern. Für Marx ist jede Ware – als Träger einer Portion Wert – ein Fetisch, unabhängig von ihrem Inhalt oder ihrer Beziehung zu den Bedürfnissen und Wünschen der Konsumenten. Das bedeutet, dass keine Ware fetischistischer sein kann als eine andere. Im Kapitalismus dient die Produktion eines Gebrauchsgegenstandes ausschließlich der Schaffung von Wert und Mehrwert.


Seit den 1970er Jahren schien der Begriff „Warenfetischismus“ für viele Autoren die Merkmale des postmodernen Kapitalismus umstandslos zusammenfassen zu können, von dem man annahm, dass er sich hauptsächlich auf Konsum, Werbung und die Manipulation von Wünschen verlegt hatte. Ein gewisser populärer Gebrauch des Wortes sieht darin lediglich eine übertriebene Liebe zu Waren und das Festhalten an den Werten, die sie repräsentieren (Geschwindigkeit, Erfolg, Schönheit usw.). Der Fetischismus wird dann weniger als zur Produktion und der abstrakten Arbeit gehörend wahrgenommen, die die Ware repräsentiert, sondern vielmehr zum Konsumenten und seinen psychologischen Motiven, die Waren zu kaufen, sowie zum sozialen Konsens, der durch den Konsum geschaffen wird. Diese Analyseebene war Marx‘ Ansatz jedoch, wie man sagen muss, völlig fremd. Die Fetischisierung von Objekten und die Kommerzialisierung von Wünschen sind natürlich sehr reale Tatsachen. Sie sind Folgen des kapitalistischen Strebens nach Profit unter Wettbewerbsbedingungen – und damit letztlich auch eine Folge von abstrakter Arbeit und Fetischismus. Aber es handelt sich um eine Konsequenz, die auf der phänomenologischen Ebene angesiedelt ist; diese Ebene, die von der Soziologie und der Psychologie beschrieben werden kann, ist keineswegs identisch mit der Tiefenstruktur, die Marx als Fetischismus bezeichnet hat. Diese Vermengung verschiedener Ebenen mag sich bei Autoren wie Guy Debord oder in den ersten Schriften von Jean Baudrillard als fruchtbar erwiesen haben.[7] Sie läuft jedoch Gefahr, mit der Zeit jede begriffliche Strenge zu verlieren und sogar bewusst mit der Kreuzung vielfältiger Assoziationen zu spielen, die durch das Wort hervorgerufen werden.


Ebenfalls in den letzten Jahrzehnten hat sich eine Debatte über die Bedeutung des Fetischismus (oder verwandter Begriffe wie dem des Totemismus) für die anthropologische Untersuchung der Sphäre des Heiligen entwickelt. Sie geht teilweise auf die Werke von Marcel Mauss, Georges Bataille und Claude Lévi-Strauss zurück. Man kann die folgende Frage stellen (und Baudrillard ging in diese Richtung): Ist der Warenfetischismus nur eine Unterkategorie des Fetischismus im Allgemeinen, der als universelles Phänomen zu betrachten ist? Einerseits trägt ein solcher Ansatz auf heilsame Weise dazu bei, die moderne Kultur und ihre Ansprüche, im Vergleich zu anderen Kulturen radikal anders – und überlegen – zu sein, zu „entmythifizieren“: Die kapitalistische Gesellschaft werde ebenso wie die „Wilden“, die sie verachtet, von einer Logik des Heiligen regiert, die im Gegensatz zu ihrer Überzeugung stehe, rational und säkularisiert zu sein. Andererseits führt diese Sichtweise jedoch dazu, die Besonderheit des modernen Fetischismus, des Warenfetischismus, der auf der Doppelnatur der Arbeit im Kapitalismus beruht, in der Gesamtheit der historischen Fetischismen zu ertränken. Es wird dann schwierig, zu erfassen, was den Kapitalismus radikal von früheren Gesellschaften unterscheidet. Der Fetischismus läuft Gefahr, nur als Teil der ewigen Conditio humana begriffen zu werden und mit der Kategorie der „Vermittlung“ oder der „symbolischen Struktur“ als solcher verwechselt zu werden. Vermittlung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Fetischismus, ebenso wie Objektivierung nicht gleichbedeutend mit Entfremdung ist. Die Kritik des Fetischismus ist keine Kritik der Vermittlung oder des Symbolismus als solche im Namen einer imaginären Unmittelbarkeit, sondern eine Kritik der trügerischen Vermittlungen. Der moderne Fetischismus ist nicht eine andere Form der ewigen menschlichen Unbewusstheit: Er ist die historische Folge der Herrschaft der abstrakten Arbeit, die sich in der konkreten menschlichen Tätigkeit „verkörpert“.


Dennoch muss man zugeben, dass es eine tiefe Verbindung zwischen dem Warenfetischismus und dem Fetischismus in der Religion gibt. Marx bezieht sich nicht nur von Anfang an auf ihn, sondern auch seine spätere Kritik des Warenfetischismus ist die Fortsetzung seines früheren Begriffs der „Entfremdung“ und seiner Interpretation der Religion als Exil der menschlichen Kräfte im Himmel. Marx vergleicht den Warenfetischismus ausdrücklich mit dem religiösen Fetischismus, bei dem die Menschen selbst geschaffene Fetische anbeten und materiellen Gegenständen übernatürliche Kräfte zuschreiben. So spricht Marx im Kapital von „einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.“ (Marx 1986a, S. 649)





Literatur


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Endnoten


[1] Zitat aus Théorie de la modernité von Jacques Bidet (Bidet 1990, S. 230).


[2] Die Verwendung des Begriffs „reale Verkehrung“ (inversion réelle) bei Renaud unterscheidet sich stark von der Verwendung durch die Autoren der Wertkritik (siehe unten).


[3] Anmerkung des Übersetzers: Die offizielle deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1973 (Rubin 1973) ist um das erste Kapitel zum Warenfetischismus ebenso wie um das zweite Kapitel zu den Grundzügen der Marx‘schen Arbeitswerttheorie gekürzt. Der Wertkritiker vermag zu erahnen, warum – macht der Warenfetisch orthodoxen Marxisten doch seit jeher Probleme und/oder wird als vernachlässigbarer Aspekt des Marx‘schen Werkes erachtet. Es ist jedenfalls kaum anzunehmen, dass das Aussparen der ersten beiden Kapitel durch die Unterstellung motiviert war, Fetischismus- und Arbeitswerttheorie könnten als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden. Die erstmalige deutsche Übersetzung des ersten Kapitels ist im 2010 erschienenen Sammelband Kritik der politischen Philosophie (hrsg. von Devi Dumbadze, Sven Ellmers und Ingo Elbe) abgedruckt (Rubin 2010). Vom zweiten Kapitel scheint bis heute keine deutsche Übersetzung vorzuliegen. Eine etwas weiter unten im Text zitierte längere Passage aus dem zweiten Kapitel wurde daher aus der englischen Fassung, die auch der von Anselm Jappe verwendeten französischen Übersetzung zugrunde liegt (Rubin 1990), ins Deutsche übertragen.


[4] Im Übrigen trugen die Vorstellungen von Fetischismus und „Tauschwert“, die in den 1960er und 1970er Jahren insbesondere im Hinblick auf die „Konsumkritik“ kursierten, oft die Spuren einer eher unbewussten Adaption von Veblens Thesen.


[5] „In den Fetischcharakter flüchtet sich unterm Kapitalismus die Utopie des Qualitativen: was vermöge seiner Differenz und Einzigkeit nicht eingeht ins herrschende Tauschverhältnis. Aber dies Glücksversprechen im Luxus setzt wiederum Privileg voraus, ökonomische Ungleichheit, eben die Gesellschaft, die auf Fungibilität beruht.“ (Adorno 2012, §77, S. 136; Anm. d. Übers.)


[6] Anmerkung des Übersetzers: Zu Rosdolsky als einem „Wegbereiter der Wertkritik“ siehe auch den gleichnamigen, auf wertkritik.org abrufbaren Text von Anselm Jappe (2002). Die im Folgenden verwendeten Zitate aus Rosdolskys Buch wurden aus der von Anselm Jappe verwendeten französischen Fassung ins Deutsche übertragen.


[7] Siehe etwa von Baudrillard die zwischen 1968 und 1976 erschienenen Werke Le système des objets (dt. Das System der Dinge), La société de consummation (dt. Die Konsumgesellschaft), Pour une critique de l’économie politique du signe, Le miroir de la production ou l’illusion critique du matérialisme historique und L’échange symbolique et la mort (dt. Der symbolische Tausch und der Tod).